Altes Wissen der Hildegard von Bingen

Hildegard von Bingen, eine deutsche Äbtissin, lebte im 12. Jahrhundert. In der Renaissance, einer Zeit der Umbrüche, spielten Frauen im öffentlichen Leben eine untergeordnete Rolle.

Als Leiterin eines Frauenklosters wurde ihr jedoch eine zentrale
politische wie auch geistige Führungsrolle zuteil und ihre Worte fanden bei den Großen der Zeit Gehör. 

Durch einen Zufall wurde ihr umfangreiches Wissen wiederentdeckt. Der Arzt Dr. GottfriedHertzka war im 2. Weltkrieg als Arzt an der Front tätig. Medikamente gab es kaum, viele seiner Patienten verstarben. In einer Bibliothek fand er eine alte Schrift über Hildegard’sche Rezepturen.
Aus Mangel an Alternativen begann Dr. Hertzka, dem als ausgebildeter Schulmediziner die Kräuterheilkunde kaum bekannt war, Kräuter zu sammeln und mit diesen seine Patienten zu behandeln. Beeindruckt von der Wirkung der zum Teil sehr einfachen Rezepturen begann er, sich intensiv mit der Medizin der mittlerweile heiliggesprochenen Hildegard von Bingen auseinanderzusetzen.


Hildegard von Bingen hat unzählige Rezepturen und Heilmethoden niedergeschrieben wobei sie auf die Kraft der Natur zurückgreift. Gewürze und Kräuter wurden in unterschiedlichster Zubereitung bei diversen Leiden eingesetzt. Etwa 2000 Rezepturen sind bekannt.
Das Behandlungskonzept beruht darauf den Menschen ganzheitlich zu behandeln. Die Umwelt der Patienten wird berücksichtigt, die  Ernährung und die psychische Verfassung. Wichtig sind zudem Geisteshaltung und regelmäßige innere Reinigung.


Bei der Ernährung ist für Hildegard von Bingen nicht nur die Auswahl der Lebensmittel sondern auch die „discretio“, das richtige Maß entscheidend.
Wer maßlos lebt, sei es beim Essen, Trinken oder dem Lebensstil, der überfordert Seele und Körper und wird krank.

In ihrem Werk “Physica” empfiehlt Hildegard von Bingen bestimmte Grundnahrungsmittel:

Getreide
Zu Hildegards Zeiten stand neben Dinkel, dem sie den Vorzug gab, auch Gerste, Hafer, Roggen und Buchweizen auf dem Speiseplan. Getreide bildete die Nahrungsgrundlage und wurde meist als
Brei oder Mus gegessen.

Gemüse
Optimalerweise sollte Gemüse gedünstet oder gekocht werden. Empfohlen u.a. Fenchel, Bohnen, Sellerie, Edelkastanien.

Obst

verarbeitet Hildegard von Bingen gerne zu Kompott, wobei sie gerne zu Äpfeln, Birnen, Brombeeren, Himbeeren oder auch Quitten greift.

Fleisch & Fisch
Hier empfiehlt Hildegard vor allem Wild, Lamm, Geflügel oder Fisch.

Als Küchengifte, die es v.a. für Kranke zu meiden gilt nennt sie u.a. Zwetschken, Pfirsiche, Erdbeeren, Lauch, Kohlgewächse, Weizenmehl u. Schweinefleisch.

Wichtig ist Hildegard, den Tag mit einem warmen Frühstück zu beginnen, bei spielsweise einem Habermusbrei, um den Körper von innen zu wärmen.

Mahlzeiten sollten immer
gut gekaut werden.
Jeder Mensch kann etwas Gutes tun,
indem er auf die Ernährung achtet.


Hildegard weist in ihrer Lehre darauf hin, dass nicht jeder Mensch alles
essen kann – sie charakterisiert Menschen nach verschiedenen Typen und richtet nach jenen ihre Ernährungsempfehlungen.
Hildegard von Bingens Typeneinteilung gleicht der, die schon die griechischen Heilkundigen in der Vier-Säfte-Lehre beschrieben:

  • Der SANGUINIKER gesprächig,
    überzeugend, kreativ, optimistisch
  • Der CHOLERIKER dominant, ehrgeizig, ungeduldig, selbstbewusst
  • Der MELANCHOLIKER sensibel,
    ordentlich, treu, einfühlsam
  • Der PHLEGMATIKER gemütlich,
    tolerant, friedliebend


Auch die Gemütsverfassung spielt eine große Rolle. Freude und Zufriedenheit stärken den Körper. Neid, Hass oder Gier machen krank und verhindern Gesundheit.

Ein Gebiet, das Hildegard ausführlich behandelt, umfasst die Reinigung des Körpers. Viele Krankheiten entstehen, weil die Entgiftungsorgane überlastet sind. Sie beschreibt dazu verschiedene
Ausleitverfahren:

Heilfasten
wird auch als Chirurgie ohne Messer bezeichnet. Vor jedem großen Feiertag findet sich eine Fastenempfehlung:
40 Tage vor Ostern, 3 Wochen vor Weihnachten. Zusätzlich werden Freitage und Mittwoche als Fastentage empfohlen. Fasten ist Hochleistung für den Körper. Dazu braucht der Körper Zeit, Muße und Unterstützung beim Entgiften.

Aderlass
Die Blutdiagnostik nach dem Aussehen des Blutes bildet ein Herzstück
der Hildegard-Medizin.

Schröpfen
war zur Zeit Hildegards eine weit verbreitete Behandlungsmethode bei
vielen Leiden und wird heute wiederentdeckt.